Rundgang zu Nationalsozialismus
(BNN, 02.03.2018/ Matthias Dreisigacker)
Auf großes Interesse mit über 60 Gästen stieß im Jubez am Kronenplatz die Vorstellung des aktualisierten Projekts „Stadtrundgang auf den Spuren des Nationalsozialismus“. Dabei wurde mit Unterstützung von Geschichtsstudenten der Universität Heidelberg die Homepage neu gestaltet und besonders für Smartphones optimiert, sodass sich Interessierte künftig selbst eine Route durch die Innenstadt zusammenstellen können. Der Schwerpunkt jeweils auf Täter, Opfer oder Zeitzeugen gelegt werden.
Zahlreiche Quellen, Informationen und Zeittafeln runden den Medienauftritt nun ab. Zusätzlich wurden die Arbeiten des seit 2014 laufenden, schulübergreifenden Seminarkurses „Nationalsozialismus in Karlsruhe“ integriert. Derzeit bilden 15 Schüler von Bismarck-, Goethe- und Helmholtz-Gymnasium eine Seminargruppe, um lokale Themen aus der NS-Zeit wissenschaftlich aufzuarbeiten. Das Projekt ist zur Mitarbeit gegenüber allen weiteren Karlsruher Schulen offen.
Tobias Markowitsch, Lehrer am Bismarck-Gymnasium, hob hervor, dass hierdurch „das klassische Gedenken dadurch nicht mehr starres Ritual“ sei, sondern jetzt von jungen Menschen reflektiert werde. Normale Arbeiten zu diesem Thema würden ohne das Projekt „in einer Schublade verschwinden“ und nicht in die Öffentlichkeit finden würden.
Mit Begeisterung bei diesem Projekt dabei ist seine 16-jährige Schülerin Elena Kempf, die es „keine schlechte Idee“ fand, das wissenschaftliche Arbeiten einmal auszuprobieren. Ihr Seminarthema ist nun das Schicksal der Gefangenen der Karlsruher Gestapo und deren Misshandlungen in Polizei-gewahrsam. Die bleibende Notwendigkeit der Beschäftigung mit der NS-Zeit hob wiederum der Stadtjugendausschuss-Vorsitzende Daniel Melchien hervor, da sich jenseits der AfD auch in andere Parteien ein schleichendes Gift eingesogen habe, jetzt vermeintlich wieder sagen zu dürfen, was man vorher nicht habe sagen dürfen.
Auch Gastredner Frank Engehausen, Professor am Historischen Seminar der Universität Heidelberg, betonte an nicht nur auf Deutschland reduzierten Beispielen aus der Tagespolitik, dass noch immer „Nationalismus als Waffe eingesetzt“ werde. Zudem regte er eine Hinwendung vom Opfergedenken zu Täter- und Widerstandsforschungen an, da diese „ertragreicher“ seien und den „Blick für Resistenzpotentiale schärfen“ könnten. Als Beispiel führte er an, dass in der NS-Zeit nicht immer eine Pistole an den Hals gesetzt werden musste, sondern schon ein Gehaltszettel und Pensionsansprüche genügen konnten, um Passivität zu erreichen. Bislang ist der Internetauftritt nur in deutscher Sprache gehalten, wobei laut Jakob Wolfrum von der Fachstelle gegen rechts des Stadtjugendausschusses (stja) eine englischsprachige Version in Planung sei.
Weitere Erweiterungen hingen von der Finanzierung ab. Bislang würde das Projekt von Akteuren wie der Landeszentrale für politische Bildung, der Schülerakademie, der Fördervereine der Schulen, dem Lions-Club oder Eigenmitteln von ZKM oder stja gefördert. Die Umgestaltung der Homepage habe laut Wolfrum bislang rund 7000 Euro gekostet.
Weitere Informationen auf www.ns-in-ka.de