Vom Gymnasium illustre zum Bismarck-Gymnasium
Das Bismarck-Gymnasium ist viel älter als die Stadt Karlsruhe selbst. Es wurde 1586 als „Gymnasium illustre“ unter Markgraf Ernst Friedrich durch Johannes Pistorius d. J. in Durlach gegründet. Das Schulgebäude befand sich damals zwischen Stadtkirche und Basler Tor.Humanismus und Reformation bestimmten den Geist der Schule bis ins 19. Jh.; Den Schwerpunkt der Ausbildung bildete der Unterricht in den Sprachen Latein und Griechisch und in Religion.
Nachdem 1689 Durlach durch die Franzosen zerstört worden war, verlegte Markgraf Karl Wilhelm 1724 das Gymnasium in die (1715) neu gegründete Residenzstadt „Carolsruhe“. Es war zuerst in der Langen Straße (Kaiserstraße) untergebracht, ab 1807/24 in den beiden Flügeln zur Seite der Stadtkirche.
Diese zentrale Lage an dem von Friedrich Weinbrenner gestalteten Zentrum der Stadt, dem Marktplatz, zeigt die Bedeutung, die man der ab 1806 „Lyceum“ genannten Schule damals beimaß. Immerhin vermerkte Ende des 18. Jh. der Reiseschriftsteller und spätere Prinzenerzieher in Preußen, Friedrich Leopold Brunn, es gebe wenige deutsche Schulanstalten, an denen so viele geschickte und gelehrte Männer (als Lehrer) vereinigt seien wie in Karlsruhe.
So unterrichteten dort der Historiker Johann Christian Sachs, der Physiker Johann Lorenz Böckmann, der Naturhistoriker Heinrich Sander und der Botaniker Carl Christian Gmelin unter dem Enkel des Stadtgründers, Markgraf Karl-Friedrich, der die Schule im Jahr 1750 mit einem eigenen Kapitalfonds ausstattete; dieser belief sich bei seinem Tode 1811 auf 80 000 Gulden. Dem Gymnasium war eine Art Voruniversität angegliedert, die es den Studenten ermöglichte, ihren Aufenthalt an „ausländischen“ Hochschulen abzukürzen. Der Plan, im Anschluss an das Gymnasium eine Universität zu gründen, wurde allerdings nach dem Aufstieg der Markgrafschaft zum Großherzogtum Baden hinfällig, da nun die beiden Universitäten Freiburg und Heidelberg zum Land gehörten.
Von 1808 bis 1814 war der Dichter, Klassische Philologe und Kirchenmann Johann Peter Hebel, der Verfasser der Alemannischen Gedichte, des Kannitverstan und des Unverhofften Wiedersehens, Direktor der Anstalt. Unter seinem bedeutendsten Nachfolger, Dr. Gustav Wendt, Direktor von 1867 bis 1907, bezog man 1874 „in der reineren Luft und stilleren Atmosphäre am Rande des Hardtwaldes“ das neu erbaute Schulhaus in der Bismarckstraße 8, wo sich das Gymnasium heute noch befindet. Wendt reformierte das Schulwesen im Geiste Humboldts, d. h. er förderte statt des bisher eher am Formalen orientierten Unterrichts der „Gelehrtenschule“ die materielle Bildung durch verstärktes Lesen der Klassiker und durch vermehrte naturwissenschaftliche Unterweisung.
Im 20. Jh. machte die Schule viele typische politische und gesellschaftliche Entwicklungen mit. Sie wechselte mehrfach den Namen: 1872-1918 Großherzogliches Gymnasium, danach: Gymnasium, ab 1938 Bismarck-Gymnasium. 1935 nahm sie erstmals Schülerinnen auf. 1944 wurden bei Luftangriffen der Ostflügel und der Mittelbau zerstört, das Bibliotheksgebäude teilzerstört, die wertvollen Buchbände aber gerettet (- heute zum größten Teil in der BLB oder der Landeskirchlichen Bibliothek). Der Wiederaufbau war 1952 abgeschlossen.
1974 wurde ein mathematisch-naturwissenschaftlicher Zug – als Alternative zum Griechischen ab Klasse 9 – am Bismarck-Gymnasium eingeführt, 1978 die neu gestaltete gymnasiale Oberstufe ab Klasse 12, 1979 ein neusprachlicher Zug mit Französisch als Alternative zum Griechischen bzw. zum mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweig.
Dr. Ulrich Staffhorst (StD i.R.)
Zu Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums gehörten so bekannte Frauen und Männer wie:
- Otto Bartning(1883–1959), Architekt und Architekturtheoretiker, evangelischer Kirchenbauer, Abitur 1902
- Axel W. Bauer(* 1955), Medizinhistoriker und Bioethiker, Abitur 1974
- Hermann Baumeister(1867–1944), Maler
- Walther Bensemann(1873–1934), Fußballpionier und Gründer des „Kicker“, Abitur 1892
- Carl Friedrich Benz(1844–1929), ab 1853, Abitur 1860
- Wigbert Benz(* 1954), Abitur 1982, Historiker
- Kurt Beringer(1893–1949), Abitur 1911, Neurologe, Psychiater und Hochschullehrer
- August Boeckh(1785–1867), Klassischer Philologe und Altertumsforscher
- Karl Freiherr von Drais(1785–1851)
- Erik Homburger Erikson(1902–1994), Psychoanalytiker
- Margit Fischbach(* 1949), Abitur 1968, Lehrerin
- Jerome Fuchs(* 1971), Abitur 1990, seit 2014 Leiter der GSG 9 der Bundespolizei
- Heinrich von Gagern(1878–1964), Verwaltungsjurist, Politiker und Landrat
- Karl Christian Gmelin(1762–1837), Naturforscher
- Karl von Grimm(1830–1898), Jurist und Politiker
- Johann Peter Hebel(1760–1826), ab 1774, Abitur 1778, Lehrer ab 1791, Direktor 1808
- Carl Kaufmann(1936–2008), Silbermedaillengewinner bei den Olympischen Sommerspielen 1960 in Rom im 400-m-Lauf und Weltrekordhalter
- Paul Kirchhof(* 1943), Richter am Bundesverfassungsgericht
- Ferdinand Kirchhof(* 1950), Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts
- Hans Hugo Klein(* 1936), Abitur 1954, Richter am Bundesverfassungsgericht
- Eckart Köhne(* 1966) Archäologe, Direktor des Badischen Landesmuseums, Abitur 1986
- Gustav Krupp von Bohlen und Halbach(1870–1950), Abitur 1888
- Gustav Landauer(1870–1919), wichtiger Theoretiker und Aktivist des Anarchismus
- Elke Liebs(* 1942), Bibliothekarin, Literaturwissenschaftlerin und Psychotherapeutin
- Heinrich C. Mayr(* 1948), Informatiker
- Matthias Neukirch(* 1963), Theater- und Filmschauspieler, Abitur 1983
- Christoph Ott(* 1959), Filmproduzent, Abitur 1979
- Gregor Paul(* 1947), Philosoph und Hochschullehrer
- Hubertus von Pilgrim(* 1931) Bildhauer, Kupferstecher, Medailleur, Abitur 1951
- Horst Rehberger(* 1938), FDP-Politiker
- Wolfgang Rihm(* 1952), Komponist
- Patrick Roth(* 1953), Abitur 1972, Schriftsteller und Regisseur
- Wilhelm Schleiermacher(1904–1977), Altphilologe und Archäologe
- Johann Martin Schleyer(1831–1912), katholischer Priester, Lyriker und Philanthrop
- Agnes Schwarzmaier(* 1962), Abitur 1981, deutsche Archäologin
- Katrin Seebacher(1966–1997), Schriftstellerin, Trägerin des Rauriser Literaturpreises
- Hillel Sondheimer(1840–1899), Bezirksrabbiner in Baden
- Max Steidel(1891–1957), Abitur 1909, Komponist und Musikwissenschaftler
- Kurt Stengel(1907–2001), Abitur 1926, Leiter der Stadtwerke Karlsruhe
- Johannes Stober(* 1968), Politiker
- Karl Friedrich Vierordt(1790–1864), Abitur 1808, Historiker und Pädagoge, Schüler, Lehrer und Direktor der Schule
- Emil Wachter(1921–2012), Maler und Bildhauer
- Clemens Werner(* 1946), Schachspieler
- Johannes Willms(* 1948), Historiker und Publizist
- Gustav Ziegler(1847–1908), Architekt
Weitere Alumni finden Sie hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Bismarck-Gymnasium_Karlsruhe