Eine Ausstellungskooperation von Bismarck- und Dominikus-Gymnasium, der PH Karlsruhe und dem Stadtjugendausschuss Karlsruhe e.V.
GEGEN DAS VERGESSEN ist das Erinnerungsprojekt von Luigi Toscano. Seit 2014 trifft und porträtiert der Fotograf und Filmemacher dafür Überlebende der NS-Verfolgung. Knapp 500 solcher Begegnungen gab es bereits in Deutschland, den USA, Österreich, der Ukraine, Russland, Israel, den Niederlanden, Frankreich und Belarus. Dafür wurde Luigi Toscano 2021 zum UNESCO Artist for Peace berufen – als erster Fotograf überhaupt. Im Oktober 2021 wurde er mit dem Bundesverdienstorden ausgezeichnet. Die überlebensgroßen Porträts werden im öffentlichen Raum ausgestellt und erreichen den Betrachter so persönlich und emotional, unabhängig von Alter, Herkunft, Sprache oder Bildung.
In einer Kooperation zwischen Bismarck-Gymnasium, St.-Dominikus-Gymnasium, Pädagogischer Hochschule und stja war es gelungen, vom 8. – 28. Oktober 2023 die Ausstellung GEGEN DAS VERGESSEN von Luigi Toscano zu zeigen. Die Ausstellung zeigte über 40 Portraits von Überlebenden der NS-Verfolgung. Die großformatigen Werke waren wetterfest und öffentlich zugänglich auf dem Gelände des Bismarck-Gymnasiums, des St.-Dominikus-Gymnasiums, der Pädagogischen Hochschule und vor dem Haus der Jugendverbände „Anne Frank“ ausgestellt.
Die Ausstellung wurde im Anne-Frank-Haus zusammen mit Luigi Toscano eröffnet. Dabei gab er einen kurzen Einblick in seine Arbeit und seine Begegnungen mit seinen Interviewpartner*innen anhand ausgewählter Porträts.
Zwei Begleitveranstaltungen setzten weitere thematische Akzente.
Im Bismarck-Forum „Die Welt: Alles in (Un-)Ordnung? – Handlungsmöglichkeiten gegen Bedrohung und Leid“ berichteten Alisa Vogt (Abi 2010), Programmleiterin im Bereich Internationale Politik der Körber-Stiftung, Lisa Behr (Abi 2017), ehemalige Freiwillige in einem Flüchtlingslager auf Lesbos leistete, und Olga Skripnik, Mitinitiator der rosinen-Initiative Karlsruhe e.V. und Mutter von Richard Wagner (Abi 2019), über ihre Arbeit und diskutierten die sich in ihrer Arbeit zeigenden Herausforderungen.
Prof. Dr. Hans-Joachim Lang beleuchtete in seinem Vortrag „Die Namen der Nummern: Von den Tätern und den Opfern eines Medizinverbrechens an der Reichsuniversität Straßburg“ in der Pädagogischen Hochschule die Geschichte des an 86 jüdischen KZ-Häftlingen verübten Wissenschaftsverbrechens. Im Juni 1943 hatten im KZ Auschwitz die beiden Anthropologen Bruno Beger und Hans Fleischhacker jüdische Häftlinge selektierten, die danach ins KZ Natzweiler gebracht und dort von Lagerleiter Josef Kramer ermordet wurden. SS-Männer brachten die Leichen ans Anatomische Institut der „Reichsuniversität“ Straßburg. Sie wurden von Institutsangestellten konserviert und sollten zu einem späteren Zeitpunkt skelettiert werden. Die fertigen Präparate sollten die Institutssammlung nach rassenbiologischen Gesichtspunkten erweitern.
Neben Studierenden der PH Karlsruhe besuchten auch zahlreiche Schüler*innen der Klassen 9 als Vorbereitung auf die Exkursion in die Gedenkstätte des ehemaligen KZ Natzweiler die Veranstaltung.
Den Abschluss der Ausstellung bildete ein sogenanntes „Pausenhofgespräch“ zwischen Schüler*innen der Klassenstufen J1/2 des Bismarck-, Dominikus- und Lessing-Gymnasiums und Luigi Toscano. Deutlich wurde in diesem Gespräch insbesondere Toscanos Intention der Ausstellung: Menschen wieder ein Gesicht zu geben, denen die Nationalsozialisten die Würde genommen hatten.
GEGEN DAS VERGESSEN ist ein wichtiger Beitrag Toscanos zur Demokratiebildung und ein Vorbild für junge Menschen.
Tobias Markowitsch